Michael kannte die Prozedur und versuchte, sich in Geduld zu üben.
Er saß in einem kahlen Raum auf einem Stuhl und lehnte sich auf den Tisch vor sich.
Ihm gegenüber befand sich noch ein Stuhl und dahinter eine verspiegelte Wand.
Ein Trickspiegel, durch den er nicht durchsehen konnte, aber er war sich sicher, dass er von der anderen Seite aus beobachtet wurde.
Schließlich kam Corelli in den Raum, wortlos und ruhig.
"Sie können mich nicht hier festhalten", sagte Michael, "Ich falle nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich."
"Sind Sie sicher?"
Corelli hatte das perfekte Pokerface. Er verzog nicht eine Miene, war die Selbstsoicherheit in Person. Er präsentierte sich, als könne ihn nichts erschüttern.
Doch Michael war auch einmal Cop gewesen und kannte die Tricks.
"Ja", sagte Michael, "Bin ich. Ich bin kein Angehöriger der Army. Der Mordfall Michael Long liegt bei der Polizei in Reno. Sie können mich nicht festhalten."
Corelli setzte sich hin und begann in einer Akte vor sich zu blättern.
"Doch, ich kann", sagte Corelli, "Zumindest für den Moment."
"Ich habe das Recht auf einen Anwalt. Sie haben mich schließlich verhaftet."
"Ja, das haben Sie. Wir plaudern einfach ein bisschen."
"Darauf kann ich mich nicht einlassen, Agent Corelli."
"Das ist in Ordnung. Sie können auch nur zuhören."
Michael nickte.
"Sie haben Recht", begann Corelli schließlich, "Der Mordfall fällt in die Zuständigkeit der Polizei in Reno. Und Sie sind kein Army-Angehöriger, damit auch nicht direkt mein Zuständigkeitsgebiet. Trotzdem sitzen Sie hier."
"Ja, das tue ich."
"Aber wir sind uns im Zusammenhang der Ermittlungen um Thomas Gray begegnet und die fällt in so ziemlich jeden Zuständigkeitsbereich jeder Ermittlungsbehörde der NATO-Staaten. Und da begegnen Sie mir. Ein Mann ohne Vergangenheit, gefälschten Papieren und einer ungewöhnlichen Art der Arbeit."
"Beschweren Sie sich doch bei meinem Boss."
"Der wird sicherlich von uns hören. Mr Knight, verstehen Sie, was mein Problem mit Ihnen ist?"
"Dass Sie mich nicht kennen."
"Niemand kennt Sie."
"Sie vertrauen mir nicht."
"Ich vertraue sehr wenigen. Das ist mein Job."
"Meiner ist es, Menschen zu helfen."
Corelli zog eine Augenbraue hoch.
"Wegen der gefälschten Papiere kriegen wir Sie mit Sicherheit dran. Wegen des Mordes vermutlich nicht."
Michael erinnerte sich daran, wie Tanya ihm direkt ins Gesicht schoss. Der brennende Schmerz, der ihn wie eine gewaltige Feuerwalze umgeworfen hatte.
"Ich habe niemanden getötet", sagte Michael.
"Aus den Akten geht hervor, dass Michael Long Thomas Gray die Narbe in seinem Gesicht zugefügt hat. Sie haben schließlich behauptet, mit Michael Long zusammengearbeitet zu haben. Sehr viele Zufälle, oder?"
Kaum etwas daran war zufällig. Michael versuchte, seine Fassung zu bewahren.
"Sie, Michael Long und Thomas Gray stehen in einem Zusammenhang. Und ich will wissen, welchen."
Michael atmete tief durch.
"Sie haben nicht genug Verdachtsmomente, um mich hier festzuhalten. Sie haben nichts, Corelli."
Corelli musterte sein gegenüber, als die Tür aufflog und Devon den Raum betrat.
"Special Agent Corelli, ich muss entschieden protestieren! Es ist kein Anwalt anwesend und ihre Anschuldigungen sind haltlos!"
Corelli stand auf.
"Wir sehen uns, Mr Knight." Als er an Devon vorbeiging, meinte er nur: "Er gehört Ihnen."
"Was war das denn?", fragte Michael, als sie den Stützpunkt verließen.
"Ein unschönes Intermezzo", sagte Devon, der am Steuer seines Mercedes saß.
"Die hatten nicht den Hauch eines Beweises", brummte Michael.
"Ja, und ich habe ein ausführliches Gespräch mit Corellis Vorgesetzten geführt. Die werden ihm ganz schön einheizen, aber ein gewisser Schaden ist bereits entstanden."
Michael sah hoch: "Was meinen Sie?"
"Der Mord ist nicht nachweisbar, eben weil Sie ihn nicht begangen haben. Beim Identitätendiebstahl und dem Betrug sieht das schon anders aus."
"Was?!"
"Anfang der 80er war es etwas anderes, eine Identität neu zu erfinden als heutzutage. Neue Kreditkarten, ein Führerschein und damit war die Sache erledigt. Doch heutzutage benötigt man einen wasserdichten Lebenslauf. Die Foundation hat es einfach versäumt, das für Sie nachzuholen. Jetzt ist es zu spät. Die Behörden wissen, dass mit ihrem Lebenslauf etwas nicht stimmt."
"Sie und Wilton haben mich in diese Identität gezwungen!"
"Ja, es ist unsere Schuld. Man wird graben und selbst wenn wir mit einem blauen Auge davon kommen, wird es eine äußerst schmerzhafte Prozedur."
Michael atmete schwer durch.
"Und was machen wir jetzt?"
"Wir warten ab. Wir retten, was zu retten ist. Von KITT, von Ihnen. Und schnappen uns Thomas Gray. Das ist das Einzige, was wir jetzt tun können. Sie machen Ihren Job und ich meinen. Sie kämpfen für mich und ich für Sie. Ich halte Ihnen den Rücken frei, so gut es geht."
"Danke, Devon."
"Das bin ich Ihnen schuldig."